Chorchronologie


Aus der Geschichte des Gemischten Chors

der Evangelisch-methodistischen Christus-Kirchgemeinde Zwickau Planitz

 

Zehn Jahre, nachdem sich in Planitz eine methodistische Gemeinde zu versammeln begonnen hatte, wurde im August 1877 als „Zions Sängerverein“ ein Gemischter Chor gegründet. Ihm gehörten anfangs etwa 15 Mitglieder an, die ihre Aufgabe darin sahen, „nur geistliche Lieder…und dieselben nicht nur mit dem Munde, sondern auch mit dem Herzen zu singen, dass sie wieder zu Herzen gehen.“ Erster Chorleiter war der Bergarbeiter Anton Scheller - offenbar nicht nur eine musikalische Begabung, sondern auch ein konsequenter Bekenner seines Glaubens: Als er 1893 zur Sonntagsarbeit verpflichtet werden sollte, lehnte er diese aus christlicher Überzeugung ab, wurde fristlos entlassen und sah sich aus sozialen Gründen gezwungen, mit seiner Familie nach Amerika auszuwandern.

 

Für kurze Zeit übernahm Richard Meier die Leitung des Chors. So wie ihn eine damalige Sängerin schilderte, muss er ein gütiger, frommer Mensch gewesen sein: „Unser Dirigent mit seinem stillen, sanften Wesen kam mir vor wie der Jünger Johannes, welcher in der Nähe Jesu war. Da gab es kein strenges Wort, alles ging in Liebe; mit betendem Herzen wurden uns die Lieder eingeübt.“ Allerdings ist auch überliefert, dass die neue Gemeinde, die sich da etabliert hatte, und ihr Chor im Ort nicht von jedermann gern gesehen wurden: Nicht selten zum Beispiel lachte man die Sänger auf dem Heimweg von der Probe aus („Da kommen die Heiligen!“), erschreckte und jagte sie und bewarf sie sogar mit Steinen.

 

Bruno Meiers Nachfolger wurde 1894 Paul Meier, der für nicht weniger als 38 Jahre an der Spitze des Chors stand. „Mit viel Begeisterung und innerer Freudigkeit wurde geübt, so dass in einigen Jahren ein für die damalige Zeit „gut geschulter Chor entstand,“ erinnerte sich ein Sänger. Aus den Jahresberichten geht immer wieder hervor, welcher Geist und welche Anliegen die Sängerinnen und Sänger bei ihrem Dienst in der Gemeinde erfüllte: Hingabe an die Sache, Leben aus dem Glauben, Vertrauen auf Gott, Duldsamkeit im Miteinander, Offenheit bei Problemen, Zuversicht, dass das Werk in diesem Sinne leben und weiter wachsen wird. Und es wuchs tatsächlich: So wurden im Jahre 1900 dreißig, 1914 siebzig und 1927, zum fünfzigjährigen Bestehen des Chors, sogar neunzig Mitglieder gezählt. Es gab aber auch schwierige Zeiten, wie das letzte Kriegsjahr 1918, in dem nur insgesamt sieben Übungsstunden möglich waren; trotzdem konnten jedoch in den Gottesdiensten mehr als 100 Lieder vorgetragen werden! Es sei auch auf eine Sorge hingewiesen, welche die damaligen Vorstände umtrieb und die uns durchaus aktuell erscheinen könnte, auch wenn wir sie heute etwas anders formulieren würden: Der Jahresbericht für 1930 spricht von „unserer Zeit, in der das Rennen und Jagen nach Glück und allerlei weltlichen Genüssen überhand nimmt.“ Und kritisch ist vermerkt (1934), dass es leider auch Chormitglieder gab, die hin und wieder einmal dachten: „Ach, es geht auch ohne mich“ und bei Proben und Gottesdiensten fehlten.

 

Von 1932 bis 1938 leitete Albin Beier den Gemischten Chor (dann wurde er Dirigent des Männerchors). Dieser erlebte mit ihm besonders reiche musikalische Jahre. Das 60jährige Chorjubiläum beging er zum Beispiel mit einem Programm aus Werken von Johann Sebastian Bach, der erstaunlicherweise bisher offenbar kaum zum ansonsten recht vielseitigen Lied-Repertoire gehört hatte, denn Beier schrieb auf dem Programmblatt, dass er diesen Komponisten „der Gemeinde lieb und wert zu machen“ und „durch Einführung Bachscher Musik der Gemeinde einen Dienst zu erweisen“ versuche.

 

1938, in der Zeit hoher Blüte der Chorarbeit, übernahm Bruno Gerischer das Amt des Dirigenten, das er aus gläubigem Herzen mit viel Liebe und Hingabe, Treue und Verantwortungsgefühl, und nicht zuletzt mit unermüdlichem Fleiß 25 Jahre lang ausfüllte. Er führte den Chor durch die Zeiten von Krieg und Nachkrieg, die Not und Wunden an Leib und Seele, Trümmer (auch die Christuskirche wurde noch im März 1945 zerstört) und Tote, aber dann auch wieder neue Belebung, neue Anforderungen und neuen Segen brachten (1950 zählte man immerhin 65 Sängerinnen und 21 Sänger!).

 

1963 übergab Bruno Gerischer die Leitung des Chors an einen jungen Mann, den damals gerade 27 Jahre alten Karl-Heinz Meinhold. Er konnte begeistern und überzeugen, zog viele junge Leute an, so wie er gleichermaßen „das Mittelalter“ mitzunehmen verstand („alte“ Choristen gab es eigentlich gar nicht, denn 1977 zählte man nur zwei Mitglieder, die über 50 Jahre alt waren!). Wie alle seine Vorgänger war er Laie, aber mit seiner großen Musikalität und auf dem Fundament eines festen Glaubens konnte er seine Aufgabe bewältigen, vielfältig in der Liedauswahl und wagemutig auch mit Dingen, die damals sehr neu waren für Chöre unserer Art. Als er 1987 plötzlich heimgerufen wurde, war dies ein unermeßlicher menschlicher, geistlicher und natürlich musikalischer Verlust für den Chor und die ganze Gemeinde.

 

Man muss es als Glücksfall bezeichnen, dass Winfried Florl – Dirigent des Posaunenchors - sofort bereit war, die Leitung des Gemischten Chors zu übernehmen und damit – die Arbeit ganz im Sinne seines Vorgängers weiter führend – Kontinuität zu sichern. Er hat sich mit Überzeugung, Intensität und Können der Aufgabe zur Verfügung gestellt, mit seinen Sängerinnen und Sängern die Gute Nachricht im Lied zu verkündigen.

 

Dirigent des Chores von 1992 bis 2010 war Eberhard Steindorf. Im Juni 2010 übernahm Simon Fröhlich die Leitung.

 

Dem Gemischten Chor gehören heute etwa 35 Mitglieder an. Sie treffen sich allwöchentlich freitags, 17.00 Uhr, im Gemeindesaal der Christuskirche zu den Proben. Der Chor singt, alternierend mit dem Männerchor und der Lobpreisgruppe, regelmäßig in den Sonntagsgottesdiensten der Gemeinde.

 

Eberhard Steindorf